Bäume statt Autos für das Luisenviertel

Ab Mitte 2025 soll das Luisenviertel in Alt-Saarbrücken zwischen Eisenbahnstraße und Pingusson-Bau grüner, verkehrsberuhigt und lebenswerter gemacht werden. Es fallen über 100 Parkplätze weg. Das sind die Pläne. 

Es ist heiß, sehr heiß im Sommer im Luisenviertel. Tiefrot zeigt sich zum Beispiel die Karte im Gebiet des Pressehauses der Saarbrücker Zeitung an der Gutenbergstraße. Die angrenzenden Wohnblocks sind ebenfalls als extrem, beziehungsweise sehr hoch „thermisch belastet“ markiert. Es fehlen Grün- und Freiflächen. Es gibt nur ein gutes Dutzend mickrige Bäume, die in den viel zu kleinen Baumscheiben gar nicht richtig wachsen können. Stattdessen: jede Menge parkende Autos, Beton und Blech, wohin das Auge blickt. Hitze im Hochsommer. Und nirgendwo ein schattiges Plätzchen. Das soll sich jetzt ändern.

Im Zuge der Umsetzung des Modellvorhabens „Congress-Culture-City“ (CCC 2.0), das neben dem Erweiterungsbau für die Congresshalle auf der anderen Seite der Saar über 20 weitere städtebauliche Teilprojekte vorsieht und bisher ein Volumen aus Steuermitteln von rund 100 Millionen Euro hat, soll das Luisenviertel zum „Super-Quartier“ entwickelt werden. Weitere Teilprojekte von CCC 2.0, die in den kommenden Wochen konkret werden, sind der Umbau des Kreisverkehrs an der Westspange und die Umgestaltung der St. Johanner Straße. Im Luisenviertel sollen sechs Straßen umgestaltet werden: die Hohenzollernstraße, Gutenbergstraße, Keplerstraße, Neugeländstraße, Gabelsbergerstraße und Dragonerstraße. Rund 1500 Quadratmeter Fläche soll entsiegelt werden. Baudezernent Patrick Berberich (CDU) ist optimistisch, dass die ersten Arbeiten im Sommer 2025 in Angriff genommen werden können. Vorher muss das Vorhaben vom Stadtrat genehmigt werden.

Im Baudezernenten-Büro hoch oben im Diskonto-Hochhaus an der Wilhelm-Heinrich-Brücke mit bestem Blick über das Luisenviertel legt Stadtplaner Artjom Muzycenko die ersten Pläne für den Quartiers-Umbau auf den Tisch. Sie sind im engen Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern entstanden, es gab mehrere Workshops und Info-Veranstaltungen (wir berichteten). Was wollt ihr? Was braucht ihr? Was können wir ermöglichen mit den knapp vier Millionen Euro, die für das Projekt vorgesehen sind, finanziert vor allem vom Bund, unter Beteiligung von Land und Stadt.

„Wir hatten insgesamt 233 Bürger-Eingaben“, berichtet die Leiterin des Modellprojektes im städtischen Planungsamt, Gabriele Zapper-Klein. Allein 184 Vorschläge gingen ein zur Gestaltung von grünen Plätzen und deren Pflege und Sicherheit. Zwei grüne Oasen mit Bäumen, Staudenbeeten, Freiflächen und seniorengerechten Sitzgelegenheiten sollen in der Gabelsberger- und in der Neugeländstraße entstehen. Dort, wo bisher Autos auf ungepflegten, versiegelten Flächen parken.

„Einer dieser Plätze dient der Ruhe und Entspannung, der andere soll Spielgeräte und eine Tischtennisplatte bekommen“, erklärt Esther Degen vom Stadtplanungsamt die Pläne. Die Bürger regten zum Beispiel auch an, das neue Stadtmobiliar – vor allem Bänke – so zu gestalten, dass es nicht als Schlafplatz benutzt werden könne. Die Sorge vor einer Vermüllung der neuen Plätze sei groß. Doch wo Parkplätze wegfallen, regt sich immer auch großer Widerstand. Ums Parken wurde denn auch heftig diskutiert bei der jüngsten Bürgerbeteiligungsveranstaltung am 28. August, berichten Teilnehmer.

Bäume, Bäume, Bäume auf großen Baumscheiben – sind für die Verbesserung des Stadtklimas besonders wichtig. Im Fachjargon spricht man von „blau-grüner Infrastruktur“ mit möglichst viel Hitze-resistenter Bepflanzung auf unversiegelten Flächen, die Niederschläge aufnehmen können (Prinzip „Schwammstadt“).

„Bisher gibt es im Quartier gerade mal rund ein Dutzend Bäume“, erläutert der Baudezernent. Nach dem Umbau sollen es mindestens 50 Bäume sein. Und ein gutes Dutzend Tiefbeete. Möglicherweise müsse man die bereits existierenden Bäume auch austauschen – sie wachsen schlecht auf viel zu wenig Platz. Denn den nehmen die parkenden Autos in Anspruch.

Und die Autos sollen zum Teil aus dem Viertel verbannt werden. Klar, dass das nicht ohne Konflikte mit Anwohnern und Gewerbetreibenden über die Bühne gehen wird, räumt Berberich ein. Er spricht aber lieber von einem „konstruktiv-kritischen Dialog“, an dessen Ende ein „Abwägungsprozess“ gestanden habe. Mehr Aufenthaltsqualität gebe es eben nicht ohne eine Verkehrsberuhigung und weniger parkende Autos. Von rund 250 Parkplätzen sollen nach den Plänen gut hundert wegfallen, statt 109 Bewohnerparkplätzen soll es noch circa 70 geben und auch das Kurzzeitparken (126 Plätze) will man um die Hälfte reduzieren. Park-Alternativen seien vorhanden, zum Beispiel der Saartoto-Parkplatz oder auch der von Q-Park in der Roonstraße. Fahrradfahrer dürfen sich ab 2025 über eine verkehrsberuhigte Fahrradstraße in der Hohenzollernstraße und mehr Stellplätze freuen, kündigen die Planer an.

Damit der Autoverkehr das Viertel tatsächlich meidet, soll die Verkehrsführung geändert werden: Die Einbahnstraßenregelung soll sich in einem Teil der Gutenbergstraße und einem Teil der Hohenzollernstraße umkehren, die Keplerstraße soll keine Einbahnstraße mehr sein. Auch in der Dragonerstraße ändert sich die Verkehrsrichtung. Und wenn dann irgendwann endlich auch der Park des Pingusson-Baus für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, könnte man im Luisenviertel vielleicht tatsächlich durchatmen.

Quelle:  Saarbrücker Zeitung

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