Mensch und Nachhaltigkeit stehen im Vordergrund

Die technische Erschließung des „Burgunder Viertel“

Das „Burgunder Viertel“, in der Höhenlage von Kürenz und in Nähe zum Petrisberg und der Tarforster Höhe gelegen, nimmt erste Formen an. Nachdem die ehemaligen Wohngebäude der französischen Militärsiedlung abgerissen wurden, wird nun das Gelände modelliert. Hierfür wird insbesondere auch das Abbruchmaterial der Gebäude ressourcenschonend wieder verwendet und so werden Transportwege vermieden. Das städtebauliche Konzept, das dem neuen Trierer Stadtteil zugrunde liegt, sieht nicht nur ein für Trier neues autoarmes Wohnen vor. Auch in Sachen Versorgung geht die EGP GmbH zusammen mit den Stadtwerken Trier (SWT) innovative und nachhaltige Wege.

Innovativ und ökologisch

Auf einer Gesamtfläche von etwa 8,7 Hektar entsteht in den nächsten Jahren im neuen Höhenstadtteil auf 255 Metern über Normalnull ein für Trier neuartiges Quartier, in dem der Blick auf Ökologie, Natur und Klima eine besondere Rolle spielt. Insgesamt 6,4 Hektar davon werden von der EGP GmbH entwickelt. Die rund 430 hier neu entstehenden Wohneinheiten werden zwar an Verkehrsflächen liegen, diese werden aber autofrei, autoarm oder verkehrsberuhigt ausgebaut. Fußwege und Wegeverbindungen erlauben einen barrierefreien Zugang zu den Grundstücken. Mikroplätze fördern die Kommunikation und laden zum Verweilen ein. Der Stadtteil wird hauptsächlich aus Mehrfamilienhäusern mit vielfältigen Wohnungstypologien, Mehrgenerationenhöfen, Mikrohäusern und Appartements gebildet. Neun Mehrfamilienhäuser aus dem Bestand sind im Besitz der Baugesellschaft „Wohnen in Trier“ (WIT) und werden als Teil des Burgunder Viertels technisch mit in die Planungen aufgenommen und verbunden. Bevor jedoch die ersten Grundsteine für die Neubauten gelegt werden, steht der Ausbau der technischen Versorgung auf der Agenda: Straßenbau, Kanalisationsanlagen für die Entwässerung und die vorbereitende Errichtung von Versorgungsleitungen – also für Wasser, Nahwärme, Strom, Straßenbeleuchtung und Telekommunikation. Für die Umsetzung ist die „WSV Beratende Ingenieure GmbH“ Projektpartnerin, die in enger Abstimmung mit der EGP GmbH und den Stadtwerken Trier (SWT) tätig ist. Nachdem WSV zunächst die Straßen- und Kanalisationsplanung erstellt hat, erfolgen seit 2021 auch die Planungen rund um die Versorgung des Viertels. „Aktuell sind wir im 1. Bauabschnitt, mitten in der Ausführungsplanung in Vorbereitung zu einer öffentlichen Ausschreibung im Sommer 2022“, berichtet Dipl.-Ingenieur (FH) Bernd Wagner, Geschäftsführer der in Saarbrücken und Trier ansässigen WSV GmbH.

Straßenbau: Shared Space und Mikroplätze für ein menschenfreundliches Quartier

Im „Burgunder Viertel“ stehe überwiegend die Aufenthaltsfunktion – nicht wie sonst üblich die Erschließungsfunktion – im Vordergrund, so der Ingenieur. „Das bedeutet, dass es Bereiche im Viertel geben wird, die nur in Ausnahmen von PKW befahren werden.“ Die meisten Straßen werden als verkehrsberuhigte Bereiche geplant, der Zufahrtsbereich mit beidseitigen Fußwegen wird Tempo 30-Zone. Er hebt die Gestaltung für eine gleichberechtigte Nutzung aller Verkehrsteilnehmenden auf den Straßen des Quartiers hervor: „Im Shared Space-Bereich ist die Fahrbahn zehn Meter breit und es gibt keine Gehwege. Das Niveau ist für alle Verkehrsteilnehmenden identisch und bildet eine Fläche, auf der sich alle arrangieren werden.“ Ein weiteres Element zur Verkehrsberuhigung ist die Gestaltung von leicht überhöht hergestellten Kreuzungspunkten mit einem farblichen Kontrast zur restlichen Verkehrsfläche. „Außerdem sind sogenannte Mikroplätze geplant“, berichtet Bernd Wagner. Diese werden vereinzelt in den Verkehrsraum integriert, so dass nicht nur der Bewegungsspielraum der Fahrzeuge eingeengt wird, der Verkehr wird auch zu einer Reduzierung seiner Geschwindigkeit gezwungen. Sein Kollege Dipl.-Ingenieur (FH) Sascha Trapp ergänzt: „Diese Mikroplätze werden mit Bänken und Spielmöglichkeiten ausgestattet, so dass sie eine hohe Aufenthaltsqualität bieten. Die Grundidee ist: Der Mensch steht im Vordergrund und nicht das Auto“

Viele Leitungen auf engem Raum

„Jetzt, wo die Straßenführung steht, planen wir die Versorgungsleitungen“, berichtet Bernd Wagner. Und diese liegen vorzugsweise unter den Straßen und Wegen, so dass die Planung nur ganzheitlich erledigt werden kann. Da im autoarmen „Burgunder Viertel“ einige der Verbindungswege mit einer Breite von zwei Metern relativ schmal ausgeführt werden, stehen die Planenden vor einer Herausforderung. „Der Platz für alle Ver- und Entsorgungsleitungen ist teilweise sehr eingeschränkt“, sagt Bernd Wagner. „Hier wurde eine innovative Lösung gefunden“, freut er sich und erklärt: „Wir können hier sogenannte Kombischächte bauen. Schmutz- und Regenwasser werden in einem Schacht geführt und nicht wie in konventionellen Systemen mittels zwei getrennten Schächten. Der dadurch erreichte Platzgewinn bietet wiederum Raum für die zahlreiche Versorgungsleitungen wie Energie-, Kommunikations- und Wärmeversorgungsleitungen. Die aufgrund des Kombischachtes höheren Ausbaukosten können durch intelligente Trassenführung, schmalere Gräben und somit ressourcenschonende Planung teils kompensiert werden die Bauzeit kann verringert werden.“ Und auch für bestehende oder neu zu pflanzende Bäume bleibt im Erdreich ausreichend Platz für ein gesundes Wachstum.

Regenwasser muss besonders betrachtet werden

Regenwasser wird im „Burgunder Viertel“ nicht nur unabhängig vom Schmutzwasser abgeleitet. Es wird auch so geleitet, dass die bestehende Kanalisation nicht überfordert wird, was gerade im Hinblick auf immer häufigere Starkregenereignisse zwingend mitgedacht werden muss. „Wir planen so, dass das Regenwasser direkt am Entstehungsort gesammelt und genutzt wird, be- ziehungsweise erst teilweise versickert, bevor es zu einem zentralen Becken abgeleitet wird“, erklärt Dipl.-Ingenieur (FH) Karsten Binder, der für die Stadtwerke Trier die Erschließungsmaßnahmen im Burgunder Viertel koordiniert. „Wir gestalten hier ein Regenrückhaltebecken in Erdbauweise. Das Becken wird an der Pluwiger Straße liegen und das anfallende Regenwasser zuerst oberirdisch puffern. Erst in einem weiteren Schritt wird es langsam durch unterirdisch eingebaute Rigolen in das bestehende Kanalnetz geführt.“ Weitere Retentionsflächen, wie beispielsweise bei den Mikroplätzen und vor allem auch Wasserläufe im Burgunder Bogen, dem grünen Zentrum des neuen Quartiers, tragen dazu bei, das Mikroklima zu verbessern. Das Element Wasser wird erlebbar gemacht und der nachhaltige Umweltgedanke des Viertels wird ganz praktisch sichtbar.

Lokal, nachhaltig und ökologisch:

Eifeler Biogas und Solarthermie Wesentlicher Teil der ökologischen Versorgung des Burgunder Viertels ist die Ausstattung mit einem nachhaltigen Wärmeversorgungsnetz. Auch hier arbeiten EGP, WSV und Stadtwerke eng zusammen. Im nachhaltig und ökologisch gestalteten Burgunder Viertel wird ein eigenes Blockheizkraftwerk die Neubauten mit Wärme versorgen. „Betrieben wird es mit Biogas, das die SWT in der Eifel produziert“, erläutert Karsten Binder. Hinzu kommen Solarthermieanlagen auf dem Dach und der Fassade der Mobilitätszentrale MOX und auf den Dächern der naheliegenden Wohngebäude. „Mindestens 25 Prozent der Wärmeversorgung wird durch Solarthermie erzielt, ein Pufferspeicher in der MOX sorgt so für eine wohnortnahe Erzeugung für Heizen und Warmwasser.“

Quelle: egp News 01/2022

WSV Beratende Ingenieure GmbH ist mit der gesamten Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung seitens egp Trier und den Stadtwerken Trier beauftragt.