Brückenmaßnahmen für ausländische Ingenieurinnen und Ingenieure gehen weiter

Die wirtschaftliche Lage vieler Büros stellt sich momentan gut dar. Projekte und Aufträge sind vorhanden – oft sogar mehr, als der feste Mitarbeiterstamm der Ingenieurbüros ohne permanente Überstunden bewältigen kann.

Gleichzeitig gestaltet sich die Suche nach neuen, gut ausgebildeten und motivierten Mitarbeitern als recht schwierig. Der Erfolg ist eher selten und dann meist nur mit viel zeitlichem und finanziellem Engagement gegeben.

Aus diesem Grunde begann die Ingenieurkammer im vergangenen Jahr damit, vom IQ Landesnetzwerk Saarland angebotene Qualifizierungs- und Coaching-Maßnahmen für Ingenieurinnen und Ingenieure mit im Ausland erworbenem Hochschulabschluss als ideeller Partner zu unterstützen.

Ingenieurqualifizierung „Systematik des deutschen Bau- und Plangungswesens“

Eines dieser Projekte ist der von der Akademie der Ingenieure (AkadIng) im Jahr 2015 erstmals durchgeführte vierwöchige Lehrgang „Systematik des deutschen Bau- und Planungswesens“. Im Rahmen dieser Qualifizierungsmaßnahme werden den Teilnehmenden die Bau- und Planungsorganisation, das Projektmanagement, alle gesetzlichen und rechtlichen Bau- und Planungsgrundlagen, Projektkommunikation und die Arbeitskultur praxisnah von einem Expertenteam weitergebildet.

Aber nicht nur die Qualifizierung steht dabei im Vordergrund, sondern auch die Empfehlung von Praktikums- oder Arbeitsplätzen sowie die Kontaktherstellung zwischen den Teilnehmenden und interessierten Büros.

Projekt „SaarIng”

Das andere Projekt heißt „SaarIng“ und startet Anfang September sogar schon in die dritte Runde. Das Projekt der htw saar gliedert ausländische Ingenieurinnen und Ingenieure bedarfsgerecht in saarländische Unternehmen ein.

In einem elf-monatigen Programm werden die Teilnehmenden an der htw saar sprachlich, kulturell und fachlich auf eine Festanstellung in der saarländischen Wirtschaft vorbereitet. Parallel arbeiten sie in einem Langzeit-Praktikum in Unternehmen. Das Projekt ist darauf ausgerichtet, die Ingenieure während des Programms auf eine anschließende Festanstellung in den Unternehmen vorzubereiten.

Ingenieurkammer vernetzt

Die Aufgabe der Ingenieurkammer bei diesen Brückenmaßnahmen besteht zum einen darin, beide Projekte bei ihren Kammermitgliedern bekannt zu machen und Ingenieurbüros für die Bereitstellung von Praktikumsplätzen zu interessieren.

Zum anderen hat die Ingenieurkammer als zuständige Stelle für die Genehmigung zum Führen der Berufsbezeichnung „Ingenieur/in“ auch zahlreiche Kontakte zu ausländischen Ingenieurinnen und Ingenieuren, die ihre Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt verbessern wollen.

Ein gelungenes Beispiel: 

WSV Beratende Ingenieure GmbH

Als einer der ersten zeigte das Kammermitglied Bernd Wagner, Inhaber der WSV Beratende Ingenieure GmbH, im Sommer 2015 Interesse daran, einem der Teilnehmer des AkadIng-Ingenieurqualifizierung einen Praktikumsplatz anzubieten. Ein passender Kandidat war schnell gefunden: der syrische Bauingenieur Ahed Alrahel. Schnell war klar, dass beide das Praktikum im Rahmen von „SaarIng“ für weiter 11 Monate fortsetzen wollten.

„Wir haben uns entschlossen, geeigneten ausländischen Fachkräften, eine Chance beim Neustart ins Berufsleben zu ermöglichen. Gerade bei unserem Mitarbeiter aus Syrien war die unternehmerische Entscheidung schnell getroffen,“ sagt Bernd Wagner über seine persönliche Motivation.

Die Erfahrungen beiderseits sind durchweg positiv. Ahed Alrahel konnte im Büro praktische Erfahrung in verschiedenen Bereichen wie Bauüberwachung, Rechnungsprüfung, Straßenplanung und Vermessung sammeln. Durch die Unterstützung von Bernd Wagner und das Projekt „SaarIng“ konnte er seine Fachsprache deutlich verbessern und dabei auch die deutsche Kultur besser kennenlernen.

Auch Bernd Wagner zeigt sich von der Motivation sowie der Lern- und Einsatzbereitschaft von Ahed Alrahel beeindruckt: „Er ist sehr offen, lernbereit und stets zuverlässig.“ Am 31. Juli 2016 endet das Projekt „SaarIng“ für Ahed Alrahel. Die Mitarbeit bei der WSV Beratende Ingenieure GmbH aber noch nicht. Bernd Wagner will ihn weiter beschäftigen.

Deutsche Sprachkenntnisse sind Voraussetzung

Unternehmen, die sich ebenfalls mit dem Gedanken tragen, einen Praktikumsplatz anzubieten, empfiehlt Bernd Wagner, dass sie „neben der fachlichen Vorbildung auf den Willen zum Erlernen der deutschen Sprache achten und insbesondere auch auf eine Vertiefung des Fachvokabulars hinarbeiten sollten.

Auf die Frage, wie sich potenzielle Bewerber auf die Teilnahme an den IQ-Maßnahmen sinnvoll vorbereiten können, rät auch Ahed Alrahel allen, so gut wie möglich die deutsche Sprache zu lernen.

Quelle / Foto: Deutsches Ingenieurblatt – Regionalausgabe Saarland; Juni 2016